Wir riefen Arbeitskräfte und es kamen Menschen Die Klasse 10c erinnert an 70 Jahre Gastarbeiterabkommen

Im Geschichtsunterricht hat sich die Klasse 10c in den letzten Wochen intensiv mit dem Thema „Gastarbeiter in Deutschland“ beschäftigt. Um einen persönlichen Einblick in dieses wichtige Kapitel der deutschen Geschichte zu erhalten, durften wir Frau Akyildiz interviewen.
Es folgt ein Bericht von Nicki M.Nach dem 2. Weltkrieg wuchs die deutsche Wirtschaft sehr schnell. Dieses „Wirtschaftswunder“ führte jedoch zu einem großen Arbeitskräftemangel, vor allem in der Industrie. Um das Problem zu lösen, schloss Deutschland 1955 das erste Anwerbeabkommen mit Italien. Bald folgten weiter Länder, wie Spanien (1960), Griechenland (1961), Türker (1961), Marokko (1963), Portugal (1964), das ehemalige Jugoslawien (1968) und Südkorea (1973).
Insgesamt kamen zwischen 1955 und 1973 über 14 Millionen Gastarbeiter nach Deutschland. Die meisten von ihnen kehrten nach einigen Jahren in ihre Heimat zurück, aber etwa 3 Millionen Menschen blieben dauerhaft. Die meisten Gastarbeiter kamen aus der Türkei- rund 867.000 Menschen. Aus Südkorea beispielsweise kamen etwa 8000 Bergarbeiter und 10.000 Krankenschwestern, die in deutschen Krankenhäusern und Bergwerken arbeiteten.
Die Gastarbeiter arbeiteten vor allem in Fabriken, auf dem Bau oder in anderen körperlich anstrengenden Berufen. Sie verdienten zwar mehr als in ihrer Heimat, jedoch weniger, als sie sich erhofften. Untergebracht wurden sie meist in Wohnheimen oder Gemeinschaftsunterkünften, oft mit vielen Menschen auf engem Raum. Eigentlich sollten sie nur einige Jahre bleiben, doch viele holten später ihre Familien nach und bauten sich in Deutschland ein neues Leben auf. Deutsch zu lernen war damals nicht einfach, denn kostenlose Sprachkurse wurden nicht angeboten.
Für unseren Geschichtsunterricht hat unsere Geschichtslehrerin Frau El Bousidi am 05.09.25 Frau Akyildiz zu einem Interview eingeladen, eine ehemalige Gastarbeiterin, die uns von früher erzählte.
Frau Akyildiz hatte als junges Mädchen viel über Deutschland gehört- dass Menschen hier gut verdienen, viel reisen können, Autos haben und sich Häuser bauen konnten.In der Türkei hatte man ihr zuvor einen guten Lohn versprochen, den sie als Gastarbeiterin in Deutschland erhalten
würde. Dem war jedoch nicht so, mit 1 DM und 99 Pfenning beschrieb uns Frau Akyildiz ihren Stundenlohn. Die erste Zeit war sehr schwer für sie gewesen, denn sie lebte mit 25 Frauen in einem Wohnheim mit nur drei Duschen. Lediglich ein Zimmer hatte eine Heizung, während es in den anderen Zimmern im Dezember fürchterlich kalt war, erinnert sie sich. Jeden Morgen begann sie um 7 Uhr mit ihrer Arbeit. Sie musste mindestens acht Stunden arbeiten und machte dabei oft Überstunden. Eigentlich hatte sie ihrer Tochter versprochen, die sie in der Türkei zurücklassen musste, sie nach 6 Monaten zu besuchen, doch die Flugtickets waren zu jener Zeit viel zu teuer und
mit ihrem Stundenlohn nicht möglich gewesen. „Ich habe es nie bereut, nach Deutschland gekommen zu sein,“ sagt Frau Akyildiz heute. In Bingen half sie bei Basaren und in einer Spielautomatenfabrik aus, bezahlte ihren Sprachkurs und schloss Freundschaften mit ihren Arbeitskollegen Frau Akyildiz lebt auch heute noch in Deutschland und betrachtet sowohl Deutschland als auch die Türkei als ihre Heimat. „Ich habe zwei Heimaten: die Türkei und Deutschland.“ Frau Akyildiz zeigt uns mit ihrer Biografie, wie wichtig die Gastarbeiter für Deutschland waren. Sie haben beim Aufbau der Wirtschaft geholfen und sind nun als fester Teil der deutschen Gesellschaft gar nicht mehr weg zu denken. Ich persönlich finde es beeindruckend, was die Gastarbeiter für Deutschland geleistet haben. Sie kamen, um zu arbeiten und ihre Familien in der Heimat zu unterstützen, und das ganz ohne Sprachkenntnisse. Es war für Frau Akyildiz am Anfang nicht leicht, getrennt von ihrer Familie, als junge Frau in einem fernen Land doch sie hat nie aufgegeben, sondern sich und ihrer Familie ein neues Leben aufgebaut und dafür bewundern wir sie!
Ich finde es toll, dass viele Gastarbeiter geblieben sind, denn sie haben Deutschland nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell bereichert. Von Nicki M. 10c